Die Digital Humanities befassen sich mit der Konzeption, Entwicklung, Anwendung und kritischen Reflexion computer-basierter Verfahren und Werkzeuge für geistes- und kulturwissenschaftliche Fragestellungen. Zu ihren Schwerpunkten zählen u.a. die Digitalisierung des kulturellen Erbes (Text, Bild, Objekt), die computergestützte Modellierung und Analyse dieser Daten und die Entwicklung von digitalen Infrastrukturen für die geisteswissenschaftliche Forschung. Konkrete Arbeits- und Forschungsfelder sind z.B. digitale Editionen, quantitative Textanalyse, Visualisierung komplexer Datenstrukturen oder die Theorie digitaler Medien.

Das Kolloquium bietet einen Überblick über die aktuellen Entwicklungen des Faches. Dabei soll mittels Literaturstudium besonders das Verhältnis der Digital Humanities zu den klassischen Geisteswissenschaften einerseits und zu den Informationstechnologien andererseits erörtert werden.

Zu jeder Sitzung werden dazu Texte durch studentische Referate zugänglich gemacht, über die danach jeweils diskutiert wird. In der Diskussion gilt „Hab ich nicht gelesen“ nicht; „das Argument habe ich nicht verstanden, kann es aber beschreiben“, schon.

Wocheplan und Literaturliste

11.10.22: Einleitung

18.10.22: Kurzpräsentationen -- Auswahl

Bitte gehen Sie die Literaturliste durch und sich bis 20.10 in Ilias für zwei Kurzpräsentationen (jede um 5 Minuten per Studierende) einschreiben.

Wir treffen uns bei Bedarf für Beratung und Themendiskussionen.

25.10.22: Thema 1, Überblick über „Digital Humanities”

Beide Buchkapitel sind innerhalb des Universitätsnetzes (z.B. per VPN) frei verfügbar.

Fragen

  • Was kann man mit Rechnern machen, das ohne sie nicht möglich wäre?
  • Sollte man als geisteswissenschaftliche Wissenschaftlerin/geisteswissenschaftlichen Wissenschaftler digital arbeiten?
  • Kann man Bücher lesen, ohne sie zu lesen? (distant reading). Was kann man dann über sie sagen?
  • Ist Literaturwissenschaft „science“ oder „humanities“? Was mit digitaler Literaturwissenschaft?
  • Können Quellen in Daten transformiert sein? Wenn ja, wie?
  • Werkzeug oder Methode? Denkt ihr GeisteswissenschaftlerInnen sollten sich nur auf die arbeitsökonomische Ebene fokussieren oder auch die resultierende Methode benutzen?
  • Habt ihr ein anderes Verständnis der DH? Vergisst Thaller wichtige Punkte?

08.11.22: Thema 2, Digitale Literaturwissenschaft

Laura Hernández-Lorenzo, Aitor Diaz, Alvaro Perez, Salvador Ros, Elena González-Blanco (2022). Exploring Spanish contemporary song lyrics through Digital Humanities methods: Some thematic and structural properties. Digital Scholarship in the Humanities, Volume 37, Issue 3, September 2022, Pages 738–746.
https://doi.org/10.1093/llc/fqab083 (nur innerhalb des Universitätsnetzes beziehbar).

Fragen

  1. Qualitative bzw. quantitative Literaturanalyse: welche Unterschiede gibt es? Sind beide interessante und relevante Methoden?
  2. Ist es in Ordnung Liedtexte zu analysieren ohne Beobachtung der Melodien?
  3. Ist die Qualität des Datensatzes gut genug diskutiert?
  4. Können die Resultate etwas Interessantes über Liedtexte sagen?
    1. Länge der Lieder
    2. Skandieren
    3. Rhythmus
    4. Themen
  5. Auf Seite 743: „Our results offered new insights on the characteristics of these texts, as well as on their connections to poetic ones.” Inwiefern ist das wahr?

15.11.22: Thema 3, Bildanalyse

  • Katja Kwastek (2015): Vom Bild zum Bild – Digital Humanities jenseits des Textes. In: Grenzen und Möglichkeiten der Digital Humanities. Hg. von Constanze Baum / Thomas Stäcker. 2015 (= Sonderband der Zeitschrift für digitale Geisteswissenschaften, 1).
    10.17175/sb001_002

Fragen

  1. Was ist mit „Ideologiekritik” gemeint?
  2. Was ist der Unterschied zwischen formanalytischen und ikonographischen Analyseansätzen? Wie kann man dafür einen Computer verwenden?
  3. Kann man Performancekunst inventarisieren? Wie unterschiedet es sich von Inventarisierung von Objekten wie Malereien und Statuen?
  4. Wenn Kunst bedarf der Wahrnehmung, wie kann man trotzdem Rechnern für Analyse verwenden?
  5. Wie muss man Werkzeuge entwickeln, um Analysemethoden zu unterstützen, die dem Untersuchungsgegenstand under der Fragestellung auf Kunstgeschichteforschung am besten dienen?
  6. Darf man ein Kunstwerk als Teil der Analyse ändern? Was ist der prinzipielle Unterschied zwischen Abfotografieren und die Änderung der Größe von Jan van Eycks Madonna in der Kirche?
  7. Wie unterschiedlich wäre einen Bericht von 2022? Ist die Trennung zwischen formalen und ikonographischen Aspekte nicht mehr relevant?

22.11.22: Thema 4, Digitale Editionen

Grundbegriffe

  • Diplomatic edition
  • Transcription
  • Objectivity and interpretation
  • The grid of features

Fragen

  • What is the role of objectivity in diplomatic editions?
  • What does it mean that a transcription behaves like as a model of the manuscript?
  • “Where to stop” (sec. 2.3) vs. “Definition of done” in Scrum (https://scrumguides.org/scrum-guide.html#increment)
  • What is a “Documentary Digital Edition”? (sec. 4) The role of the developers.

29.11.22: Thema 5, Landschaften in Videospielen

  • Dominik Kremer, Daniel-Harald Sonnenwald, Blake Byron Walker (2022): Explorative spatial analysis of the function of landscape in video games. In: Fabrikation von Erkenntnis – Experimente in den Digital Humanities. Hg. von Manuel Burghardt, Lisa Dieckmann, Timo Steyer, Peer Trilcke, Niels Walkowski, Joëlle Weis, Ulrike Wuttke. Wolfenbüttel 2021 - 2022. (= Zeitschrift für digitale Geisteswissenschaften / Sonderbände, 5).
    10.17175/sb005_009

06.12.22: Thema 6, Stilometrie

  • Greta Franzini, Mike Kestemont, Gabriela Rotari, Melina Jander, Jeremi K. Ochab, Emily Franzini, Joanna Byszuk, and Jan Rybicki (2018): Attributing Authorship in the Noisy Digitized Correspondence of Jacob and Wilhelm Grimm. Frontiers in Digital Humanities5(4).
    https://doi.org/10.3389/fdigh.2018.00004

Fragen

  1. What is the main purpose of this article?
  2. How does the authors go about to fulfil that purpose?
  3. What are the conclusions?
  4. Do the figures work well?
  5. How are the argumentation and the style, compared to previous articles?
  6. Garbage in garbage out: is that for this research relevant?

13.12.22: Thema 7, Modellierung

  • Arianna Ciula and Øyvind Eide (2017): Modelling in digital humanities: Signs in context, Digital Scholarship in the Humanities, Volume 32, Issue suppl_1, 1 April 2017, Pages i33–i46.
    https://doi.org/10.1093/llc/fqw045
  • Julia Flanders and Fotis Jannidis (2018): Data modeling in a digital humanities context. An introduction. P. 3–25 in: Julia Flanders and Fotis Jannidis (eds) The Shape of Data in Digital Humanities : Modeling Texts and Text-based Resources. London and New York.
    Scan in Ilias: https://www.ilias.uni-koeln.de/ilias/goto_uk_fold_4302425.html

Fragen

  1. Wie verhält sich „Modellierung” zu „Datenmodellierung”?
  2. Lernschleife der Modellierung bzw. agilität/SCRUM in Projekte. Ähnlichkeiten und Unterschiede?
  3. Diskutieren Sie die Beispiele der unterschiedlichen Modelle im Kontext einiger Disziplinen.
  4. Flanders/Jannidis nach sollten Daten unabhängig von Werkzeugen (tools) sein. Ist dieser Standpunkt mit Pierazzos Digital Documentary Editions vereinbar?
  5. Semiotik und Modellierung—wieso stehen diese beiden in Verbindung und was macht diese Verbindung aus?
  6. „Modelling Literacy”—was bedeutet das und weshalb ist es wichtig? Stickwörter: Corona, Klima, Ökonomie.Daten
  7. Modelldefinitionen: „By modelling we intend a creative process of thinking and reasoning where meaning is made and negotiated through the creation and manipulation of external representations" (Ciula/Eide) bzw. „[M]odeling is a way to make explicit our assumptions about the nature of a text/artefact” (Flanders/Jannidis). Welche Unterschiede sehen Sie? Wie sind die beide Definitionen Ähnliche?
  8. Verwenden Sie die Modellbegriffe in Ciula/Eide und/oder Flanders/Jannidis zur Analyse der Modellierung in früheren Artikeln dieses Semesters.

20.12.22: Thema 8, Kulturerbedokumentation

  • Franco Niccolucci and Julian Richards (2019): ARIADNE and ARIADNEplus. In: The ARIADNE Impact. Budapest: 7–26.
  • Christian-Emil Smith Ore and Espen Uleberg (2019): The ADED project – a Norwegian infrastructure for excavation data. In: The ARIADNE Impact. Budapest: 123–134.

http://www.archaeolingua.hu/book/ariadne-impact

Fragen

  • Über Herausforderungen der Informationsintegration an dem Beispiel von der auf Epochen basierten Integration: Gibt es eine Römerzeit in Norwegen? In Dänemark? In Italien? In Großbritannien? Wenn ja, sind diese zeitlich betrachtet identisch? Falls diese zeitlich voneinander abweichen: Wie können Daten dennoch integrieren werden?
  • Sind diese beiden Beiträge wissenschaftlich? Falls dem so ist: in wie fern weichen sie von den bisher betrachteten wissenschaftlichen Artikeln ab?
  • Zeiten bis zur Erneuerung: welche Zeitspanne umfassen:
    • archäologische Daten
    • Frontends (z.B. Apps oder Websysteme)
    • Datenbanksysteme
    bevor sie ausgetauscht werden? Gibt es systematische Unterschiede, d.H. bestehen die genannten Punkte immer oder ist normalerweise eine Zeitspanne länger als eine der anderen o.ä.?
  • Transdisziplinäre Datenintegration: Die beide Artikeln dreht sich hauptsächlich um die Archäologie. Mit welche andere Disziplinen könnte man archäologische Daten natürlich integrieren? Könnte man eine solche interdisziplinäre Integration mit Methoden umsetzen, die auf den in diesem Artikeln beschriebenen Methoden aufbauen oder diesen ähneln?

10.01.23: Thema 9, Kritik gegen DH

Fragen

  1. Ist es auch außerhalb English Departments relevant? Auch außerhalb der USA? In Deutschland?
  2. Was ist die neoliberale Übernahme der Universitäten? Existiert sie auch in Deutschland?
  3. Ist es schlecht, Kandidaten, die „graduates trained for the current requirements of the commercial workplace” sind, auszubilden? Muss es mit „paying consultants lavish fees, employing miserably paid casual laborers, and constructing a vast new apparatus of bureaucratic control” verbunden sein?
  4. Sollte Textanalyse politisch sein?
  5. Sind diese Fragen für Informationsverarbeitung und Medieninformatik relevant?
  6. Werden ähnliche Fragen in Germanistik in Deutschland diskutiert?
  7. Ist es nur eine Diskussion über Literaturwissenschaft?
  8. Was ist mit „critical” gemeint? Unterscheidet es sich von „political”?
  9. Sind diese Fragen für Sie relevant? Was würden Sie damit tun?

17.01.23: Thema 10, die nächsten Schritte?

Gern können Sie den ganzen Text lesen. Unser Fokus (und prüfungsrelevant) ist Teil 7: Next Life: My Very Own Ivory Tower, 81–93.

Token

Relevant senses:

  1. a. Something that serves to indicate a fact, event, object, feeling, etc.; a sign, a symbol. in token of, as a sign, symbol, or evidence of.
  2. a. A sign or mark indicating some quality, or distinguishing one object from others; a characteristic mark.
  3. a. Something serving as proof of a fact or statement; an evidence.

"token, n." OED Online, Oxford University Press, December 2022, www.oed.com/view/Entry/202947.
Accessed 17 January 2023.

Aufgaben der digitalen Geschichte

  1. History is the study of all phenomena which require the analysis of information created by human endeavor where the creators of that information cannot – or shall not – be asked about the meaning of the information left behind.
  2. Research is defined by a system of rules for the communication of disagreements about interpretations of information; out of their application an increase in the body of intersubjectively agreed upon interpretations arises. Re- search is defined by a consensus about acceptable models of argumentation, not about the knowledge domain to which these models are applied.
  3. Historical sources should not be interpreted as signs for an unequivocal message. They are tokens which have to be interpreted by a historian. Such interpretations have to be documented as precisely as possible, as a concrete disagreement about the interpretation of a specific token indicates a focus for the necessary clarification of intersubjective understanding.
  4. Information taken from historical sources can be represented as a specific configuration of tokens with a specific geometry.
  5. Any subset of the tokens within such a configuration can be connected to arbitrarily many interpretations.
  6. Interpretations themselves are represented in information systems accord- ing to the same model. The overall model is recursive.
  7. Any two subsets of tokens within the same type of configuration can be compared according to one or more inherent metrics.
  8. Any two interpretations on the same interpretative dimension can be com- pared according to one or more inherent metrics.
  9. All existing interpretative dimensions of two sets of tokens form a context, which has to be considered, when comparing the two sets of tokens.
  10. An information system fit for the handling of historical sources should ex- ist as a set of permanently running processes, which try to remove contradictions between tokens. Such tokens are used to represent data. They do not directly map into information. Information is represented by a snapshot of the state of a specific subset of the concurrently running processes.
  11. The data in the totality of historical sources, or any subset thereof, forms a mutual context for the interpretation of any set of specific items contained therein. It can be envisaged as a set of n-dimensional configurations of tokens representing physically existing sources, each of which exists in an m- dimensional universe of interpretative assumptions. Information arises out of these data by permanently running processes, which try to minimize contra- dictions and inconsistencies between subsets of the data.
  12. This model is both, a conceptual one for the hermeneutic “understanding” of historical interpretation, as well as a technical one for future information systems supporting historical analysis.

Wenn jemand seine BA-Arbeit über solche Themen schreiben möchten, nehmen Sie bitte Kontakt. Es gibt Unterstützung!

  1. Context oriented programming
  2. Extended Data Types
  3. Fuzzy and Vague Reasoning

24.01.23: Thema 11, Intersciplinarity

  1. Was ist eine Fachrichtung? Und warum?
    1. Digital Humanities?
    2. Informationsverarbeitung?
    3. Medieninformatik?
  2. Sind digitale Geisteswissenschaften (Informationsverarbeitung, Medieninformatik) experimentell? Sind die experimentellen Teile stärker als in anderen geisteswissenschaftlichen Fächern (added n)?
  3. Wie kann man am besten eine guten Überblick über eine neue Fachrichtung gewinnen?
  4. Ist es möglich, Neugier zu operationalisieren?

31.01.23: Zusammenfassung und Diskussion

Folien


Studienleistung

  • Schriftliche und mundliche Präsentation zwei Themen
  • Teilnahme in Diskussionen

Mündliche Prüfung

Schreiben Sie mir bitte an, um ein Termin für Ihre Prüfung zu vereinbaren.

  • Teil von AM2-Modulprüfung
  • Termine in Februar:
    • Donnerstag 2. Februar 10:00-13:00 und 14:00-17:00
    • Donnerstag 23. Februar 10:00-13:00 und 14:00-17:00
    • Freitag 24. Februar 10:00-13:00
  • Sie werden in 9 von diesen 11 Themen geprüft
    • Bitte bringen Sie in der Prüfung eine Liste mit 9 Themen, die Sie als Grundlage für die Prüfung gewählt haben, mit

Anmeldung

Anmeldebeginn: 11.01.2023 00:00 (ab sofort)
Anmeldeende: 03.02.2023 23:55 (letzter Tag der Vorlesungszeit)